7. März 2009

Prelude in a minor

In seinen Augen sah sie Sehnsucht. Zum ersten Mal verbarg er sie nicht. Er stand da, nach den Jahrtausenden der Erwartung. Diesen Moment haben beide ausgemalt, ohne zu wissen, wann und wie es geschehen würde, vorbereitet durch frucht- und sinnlose Beziehungen, Verlobungen und Affären mit den unbedeutenden Anderen.

Es wurde trivialer, als erwartet. Sein Zug kam vierzig Minuten zu spät, sie wartete im blauen Cafe neben der Haltestelle. Er kam rein, seine hellen Augen ließen ihn sofort erkennen und überstrahlten die Sonne. Er lächelte sie verlegen an, gleichzeitig nervös mit den Fingern an der Stuhllehne trommelnd.

Hat sie ihn so vorgestellt? Sie stand auf, um ihm die Hand zu geben, aber plötzlich gab es keine Distanz zwischen ihnen, keine Entfernung und Entfremdung. Sie merkten nicht, wie sich der Boden unter ihnen bewegte. Alles, was sie spürten, war Nähe, eine strömende Wärme, die alles überdeckte und den Atem stoppte. Schnell an die frische Luft, hämmerte es mit den kleinen Nägeln in ihrem Kopf. Alles Andere wäre Verführung ihrer Sinne und Verantwortungslosigkeit ihr selbst gegenüber. Wo wäre ihr eigener Stolz gewesen. Ihm alles verzeihen? Auf keinen Fall!

Aber sie schaffte es nicht, zu denken. Sie folgte ihm, wortlos, folgte ihrer eigenen Hand in seiner warmen. Sie folgte ihm die Treppe hinauf, den Park, die Bänke, ein erster Kuss, sein erster Kuss, seine unrasierte Wange, sein Geruch, den sie furchtlos einatmete und welcher ihren Körper bedeckte. Hotel. Neugierde. Ihr Kleid am Boden, er hatte noch seine Hose an. Kaltes, unbeflecktes Bett. Seine Begierde, ihre eigene. Sie zerflossen mit der Zeit, die ihnen gegeben wurde, im Tanz der Zärtlichkeit. Wieso hat sie so lange darauf gewartet? Wieso hat er die anderen Frauen so lange verführt und sie ausgefüllt? Er kannte die Wirkung seiner Augen und kostete es aus, die Anderen schwach werden zu lassen. Aber nicht sie. Sie war dagegen immun.

Sie öffnete ihre Augen, es war kühl geworden. Er war immer noch da, eingeschlafen, seine Hand auf ihrer linken Brust. Obwohl sie bereits Gänsehaut bekommen hatte, wollte sie sich nicht bewegen, um ihn nicht zu wecken.
Er hat kurz gehustet, machte die Augen gar nicht auf und zog sie an sich.

"Hast du es dir so vorgestellt?" - fragte er leise.


Baden Powell spielt "Prelude in a minor"



Antonio Carlos Jobim "Luiza", gespielt von Raphael Rabello



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