29. April 2009

Aus dem Exil der ...

Zwischen einer Cappuccinotasse und Lernpause schrieb es sich ganz spontan in einem Cafe auf dem zufällig linierten Blatt Papier... Eine leise Unruhe spiegelte sich darin wieder und der Drang nach Ungewissem...


* * *
Wär' ich ein Haus,
Da würde stehen "Anno Neunundsiebzig".
Wär' ich ein Baum,
Das Laubwerk wäre grün weit.
Ich bin aber ein ungewisser, kleiner Vogel,
Der sich in deine warme Hand verirrte.
Zum Füttern kam er von der Himmelfestung frei.

Im Winter schützest du mich vor der Kälte,
Im Herbst hieltest den Regen für den Feind.
Jetzt ist es Frühling, Freiheit ruft nach mir -
Ich fliehe aus Exil der Liebe.
Lass Gitterstäbe öffnen,
Brech' die Gewohnheit mir zum Glücke auf.

28. April 2009

Philosophiestunde

Die folgende Sendung schaute ich mir auf Deutsch an und nahm Einiges für mich mit. Der Dialog beider Denker und der wörtliche Kampf um die Definition und das Festhalten des wohl unbestimmbaren Gefühls wurden sehr lebendig und mitreißend vorgetragen, so dass man sich selbst immer wieder finden konnte. Während der ganzen Debatte wurde es mehrmals auf die Werke der Weltliteratur, Malerei und Musik verwiesen, was sehr interessant war. (Die Literaturliste findet sich hier.) Die angesprochene Philosophiestunde folgt unten in der Originalsprache Französisch:

Raphael Enthoven empfängt Nicolas Grimaldi in "Philosophie Liebe"



Teil 2, Teil 3

"Die Triebkraft, die die Welt in Bewegung hält, ist häufig, nachdem die äußere Schönheit nicht mehr sichtbar ist, Auslöser von Fehlschlägen und Enttäuschungen: Die Rede ist von der Liebe.


Jeder redet von ihr, jeder sehnt sich nach ihr und verweigert sie zugleich. Nach dem "Himmelhochjauchzend" folgt meist das "zu Tode betrübt". Oder man kehrt zumindest auf den Boden der Tatsachen zurück. Nach einer enttäuschten Liebe beginnt der Reigen von vorne, die anfängliche Trunkenheit weicht dem Widerwillen, aus inniger Zweisamkeit wird Unverständnis und Feindseligkeit. Beinahe krankhafte Eifersucht wird abgelöst durch das trügerische Gefühl, endlich wieder man selbst zu sein.(...)" weiter über die Sendung lesen

20. April 2009

Todas las Palabras

Ein neues Album von Idan Raichel ist erschienen. "Within My Walls" (auf amazon)
Zwei folgende Lieder daraus, gesungen auf Spanisch von der Kolumbianerin Marta Gomez, bieten einen kleinen Einblick in den leisen, doch hinreißenden Strudel der Gefühle und einer großen Sehnsucht...

The Idan Raichel Project "Todas las Palabras"


Todas las Palabras (All the Words)

I suppose that you and I will eventually meet
And perhaps without even noticing

Perhaps it will happen without rush and without wind

In some place from yesterday

I feel that you and I will meet and it might be strange

With the hope, without rush and without voice,

Without any footsteps to follow


All song, all words, come and dance

With the sound the wind makes

When approaching your mouth and your skin

Look at me for an instant

Touch this silence that is ending

And embrace the air turning into sky

Inside your breath and my thirst

It is the air that becomes the sky into my thirst


I suppose that you and I will eventually meet,

We might not even notice

Maybe it will happen quickly

And with wind in some new place
I feel that you and I will meet and it might be strange
With the hope, without rush, without voice,

With dreams to begin


All song, all words, come and dance

With the sound the wind makes

When approaching your mouth and your skin

Look at me for an instant

Touch this silence that is ending

And embrace the air turning into sky

Inside your breath and my thirst

It is the air that becomes the sky into my thirst

The Idan Raichel Project "Cada Dia"



Cada Día
(Every Day)

Every day someone talks to me about you

Trying to remove the pain from within my soul

Every day someone talks to me about you

Trying to explain to me that you won’t return


But at night, when there is no light

When everyone leaves

You slowly walk into my dreams,

There you are, you are not just a memory

I can feel you so close that you are almost real

But then you leave again

And when I wake up your absence is present


Every day someone talks to me about you

And they tell me time is like a turning wheel


Every day I could climb

After reaching the bottom if only I could also turn


But at night, when there is no light

When everyone leaves

You slowly walk into my dreams,

There you are, you are not just a memory

I can feel you so close that you are almost real

But then you leave again

And when I wake up your absence is present

Mehr über den israelischen Musiker und das Album findet man unter:

16. April 2009

L'amour l'apres-midi

Etwas zum Schmunzeln aus dem letzten Teil der Moralischen Erzählungen von Eric Rohmer: Tragikomödie "L'amour l'apres-midi" ("Die Liebe am Nachmittag") (Mit englischer Übersetzung im Video)


"(...) Chloe in the Afternoon is the last of the Six Moral Tales . Frederic (Bernard Varley), is a happily married, well-to-do lawyer married to Helene (Francoise Verley), a somewhat chilly English professor. He is attracted to other women and misses the time when he was free. "I feel marriage closes me in," he says, "cloisters me, and I want to escape. The prospect of happiness opening indefinitely before me sobers me. I find myself missing that time, not too long ago, when I could experience the pangs of anticipation." Frederic rationalizes that his fantasies about other women are merely a reflection of the depth of his love for his wife. In one amusing sequence, he dreams that he possesses an amulet that gives him control over the will of any passer-by, a power of which he takes decided advantage of.(...)" weiter lesen


"(...) Rohmers Kunst des Dialogs ist eine der Konversation und nicht des Tiefsinns, mehr Rhetorik als Philosophie. Dabei aber auch von genialer Einfachheit im Entwurf der Szenarien, man nehme nur die so simple wie intrikate Konstellation von "Die Liebe am Nachmittag" aus dem Jahr 1972: Frédéric (Bernard Verley) liebt seine Frau Hélène (Francoise Verley) und fühlt sich doch von der urplötzlich auftauchenden, irrlichternden Chloe (Zouzou) angezogen. Rohmer treibt das Dilemma auf einen Moment der Entscheidung zu, verleiht dem Ganzen dadurch beträchtliche Spannung und bleibt dabei doch immer der zurückhaltende Beobachter der sich entfaltenden Comédie humaine.(...)"weiter lesen

Lauschen

Ricarda Huch
(1864-1947)

Nicht alle Schmerzen sind heilbar

Nicht alle Schmerzen sind heilbar, denn manche schleichen

Sich tiefer und tiefer ins Herz hinein,

Und während Tage und Jahre verstreichen,

Werden sie Stein.


Du sprichst und lachst, wie wenn nichts wäre,

Sie scheinen zerronnen wie Schaum.

Doch du spürst ihre lastende Schwere

Bis in den Traum.


Der Frühling kommt wieder mit Wärme und Helle,

Die Welt wird ein Blütenmeer.

Aber in meinem Herzen ist eine Stelle,

Da blüht nichts mehr.




Anna Louisa Karsch (1722-1791)

Mein Herz und ich

Deckt noch der Schlaf dein Auge zu,

Mein Liebster? O, um süßer dich zu denken,

Laß ich die Trunkenmacherin, die Ruh,

Aus ihrem Kelch mich minder tränken.


Du wachst vielleicht, durch Glockenschlag

Aus sanfter Ruh, aus süßem Schlaf gestöret,

Ich wache, weil mein Herze Nacht und Tag

In sich laut deinen Namen höret.




Endre Ady (1877-1912)

Lauschst du meinem kranken Herzen...

Dich suchend noch auf seinem Weg, im Kampfe,

Wie tapfer doch und kraftvoll war mein Herz,

Wie klang so rein sein Tönen, und so hell.


Wie ist es nun so krank und abgeschunden:

Nichts mehr erhält es noch am Weiterschlagen,

Als einzig deiner Liebe großes Wollen.


Wenn ungestüm und wild aufklänge

Von Qual und Wonne noch einmal sein Lied,

Sein Lied - es wär das deine, das es sänge.


Ein Lied, daß ich dich doch gefunden habe,

Nach Schuld und Irrweg, groß und weit,

Doch lebend noch, und nicht im Grabe.


Und alles wär erfüllt, hätt' eine Stund'

Nur seine Weise es gesungen neben dir

Und nicht zum Fluch geöffnet ich den Mund.


Mit krankem Herzen, du göttliches Wesen,

So eng dir verbunden, bekenne ich hier

In inbrünstig sehnender, trauriger Liebe:


Höre nicht auf sein böses, krankes Beben,

Mein Herz ist gut, weil du darinnen

Soll'n unsere Herzen diese Stunden durchleben ...


(Bekenntnis der Liebe - Übertr. v. A. W. Tüting)

Schreib ihr ein Meer und nenne es mit zärtlichem Namen...

Bild von S: Kirschbäume im April

Variation zum Thema

Gedanken einer optimistisch Verzweifelten 
Sie haderte mit Worten, suchte den Sinn… Wieder fiel ihr das Gelesene ein. Wieder Paul und wieder Celan, der sie faszinierte. 1957 schrieb er an die von ihm geliebte I. Bachmann:
Du weißt auch: Du warst, als ich dir begegnete, beides für mich: das Sinnliche und das Geistige. Das kann nie auseinandertreten, Ingeborg. (…) Sooft ichs lese, seh ich dich in dieses Gedicht treten: Du bist der Lebensgrund, auch deshalb, weil Du die Rechtfertigung meines Sprechens bist und bleibst. (…) Aber das allein, das Sprechen, ists ja gar nicht, ich wollte ja auch stumm sein bei dir.“ [Aus: "Herzzeit: Ingeborg Bachmann - Paul Celan. Der Briefwechsel" (1. Auflage, 2008)]
Im Traum nachts begegnete sie ihrer Vergangenheit, sprach mit ihr. Dies war es, was ihr in Wirklichkeit verwehrt geblieben war. Denn sie verschwand schweigsam und spurlos aus seinem Gedächtnis...
Hörst du, wie die Blumen wachsen? Wie sie gegen die Kälte kämpfen, durch die Erde den Weg suchend? Wie die Samen, noch eher vom Regen aus derselben grauen Erde weggespült zu werden und in der Sonne später zu vertrocknen? Noch bevor der Kampf beginnt… Oder wenn der eifrige Betrachter jene schöne Blüten wegschneidet, ohne ihnen auch nur eine kleinste Möglichkeit gegeben zu haben, auf ihren Stängeln von der Erde aus aufzugehen. Nur um sie vielleicht jemandem zu schenken... Jemandem, um das Gewissen zu beruhigen oder dasselbige seine zu belügen...

So sind auch Gefühle. Es ist die Sehnsucht eines jungen Mädchens, das du kanntest, die dich berührt, wenn du eine andere Frau mit in den Konzertsaal nimmst, wenn du mit ihr glücklich bist. Nicht mit einer, mit mehreren. Ist denn das Glück, was du dir dabei einbildest... Es waren Mädchens Tränen, die leise waren... Sie ist, wie die Blumen, die nie die Möglichkeit gehabt haben, zur Reife aufzublühen und später zu sterben... Des würdigen Todes nach wenn auch einem kurzen Blumenleben, aber glücklichen, und des natürlichen Abblühens. Nahe der Erde, nahe ihrer Wurzel... Die Wurzel ist aber längst verfault...

Hörst du den Donner, den ersten Donner, der eines Nachts noch kommen wird? Maiungewitter. Das wird das Gewissen sein. Besitzt du noch eins? Wenn ja, dann schreib ihr nicht mehr. Du warst der Mann, du warst der Freund, aber schon längst nicht mehr.

Die Gedichte schrieb sie vor Nächten und vernichtete sie wieder.. Den Schmerz, den Stolz, das Unverständnis der Anderen ihr gegenüber zerstörte sie mitsammen...

Nie mehr wollte sie schweigsam verlassen werden oder diejenige sein, von der lauthals mit den künstlichen Tränen und der Phrase "Ich liebe dich" Abschied für immer genommen wird. Nie wollte sie je auf eine Nachricht oder Anruf warten und am Telefon verlassen werden. Nie wieder belogen sein. Diejenige, die man fallen lässt, ohne Vorwarnung, ohne Skrupel, die man am Bahnsteig alleine stehen lässt und wegfährt mit der nächsten Bahn und zu der nächsten Frau... Diejenige sein, die man einfach vergisst, wie einen nutzlosen Schirm am fremden Bahnhof, zu dem man nie wieder zurückkehrt. Daher war sie es lieber, die verschwindet und nie wieder auftaucht. Du - der Mann, schreib nicht... Das junge Mädchen, das du kanntest, wird zur jungen Frau. Schreib ihr nicht mehr... Lass ihr Herz…

Im letzten Jahr verlor sie drei Menschen. Ihren Mann, ihren besten Freund und ihren Seelenverwandten. Es waren drei verschiedene, drei vollkommen unterschiedliche Männer, die zu unerwarteten, unterschiedlichen Zeiten und Jahren ihr begegnet waren. Drei Seelen- und Herzensbrüche verschiedener Intensität und Belastung. Tränenmeere verursachten sie. Alle drei. Herzklopfen über die Leidensgrenze und Bewegungslosigkeit des Geistes hinaus. Jedes Mal starb sie und vergaß sich selbst, vergaß die Straße des Lebens. Sie wurde sogar der Fähigkeit zu lieben beraubt,- spürte sie. Bei wem ihr die Seele am meisten weh tat, verriet sie mir nicht. Das flüsterten ihre Gedichte...

Einer von ihnen kam unverhofft zurück und brachte ihr die Fähigkeit zu schreiben und zu fühlen zurück. Er war fast ihrer und sie fast seine. Das ist er immer noch. Das wird er sein. Sie haben einander im Gefühl. Mehr braucht man nicht. Nur paar Worte, die zu Meeren von Worten irgendwann ausufern… Später werden nicht mal Worte benötigt. Man ist überschwemmt, man ist glücklich. Sie ist es auch, wie es ist.
...
Schreib ihr ein Meer und nenne es mit einem zärtlichen Namen...
März-April 2009

Ob Liebe in Gedanken etwas nützt?

Ja, das tut sie.
Anstatt der Bettlektüre vor dem Schlafen schaute ich mir heute zum zweiten Mal die Verfilmung eines wahren Falles aus dem Jahre 1927 an - "Was nützt die Liebe in Gedanken", nach Motiven des Romans "Der Selbstmörderclub" von Arno Meyer zu Küingdorf. (Darsteller: Daniel Brühl, August Diehl, Anna Maria Mühe). Zum wiederholten Male hat es mich hingerissen und aufgelöst. Der Wald, die Poesie des Augenblicks, Träume, Enttäuschungen und Suche nach dem Wahren...

"Wie geht das Leben? Wie fühlt sich Liebe an? Wann ist er da – der vollkommene Augenblick? Mit der ersten großen Liebe, wenn man meint, mit der Natur, dem Universum zu verschmelzen? Singuläre kostbare Momente sind das und: sie gehören der Jugend – heute wie 1927, als sich in Berlin ein Schülerdrama ereignete. Achim von Borries (England!) hat das Ereignis zum Ausgangspunkt seines zweiten Spielfilms Was nützt die Liebe in Gedanken genommen, ohne es in allen Details historisch exakt zu rekonstruieren. (...)" weiter lesen


Hildes Gedicht an Paul

Dies Buch trägt die Ergüsse deiner Seele.
Mein Sohn, du bist poetisch angehaucht.
Zwar sind die Reime ohne Fehle,
doch die Gedanken sind in Finsternis getaucht.


Auch scheint es mir, da du noch jung an Jahren,
Daß dein Erleben in der Liebe nur erträumt.
Ich fürcht', du bist darin noch reichlich unerfahren.
Beeile dich, du hast schon viel versäumt.


Ein Mädel wird sich schön bedanken,
Wenn deine Glut nur aus Gedichten spricht.
Was nützt die Liebe in Gedanken?
Kommt die Gelegenheit, dann kannst du's nicht.


Doch ist das noch kein Grund, sich zu erschiessen.
Die Kugel spare Dir zu anderm Zweck.
Auch würden viele Tränen fliessen,
Das lohnt sich nicht, für solchen Dreck.



Die Steglitzer Schülertragödie von 1927

Im Sommer 1927 schockiert eine furchtbare Bluttat Berlin, die als "Steglitzer Schülertragödie" in die Annalen eingehen wird: In der Steglitzer Wohnung seiner Eltern erschießt am frühen Morgen des 28. Juni der 19-jährige Oberprimaner Günther Scheller den gleichaltrigen Kochlehrling Hans Stephan und tötet sich anschließend durch einen Schuss in den Kopf selbst. Zugegen sind Schellers Schulkamerad Paul Krantz, 18, Schellers Schwester Hildegard, 16, und deren Freundin Elli, 16.
Die Jugendlichen hielten sich allein in der Schellerschen Wohnung auf, während die Eltern in Stockholm waren. Paul Krantz war der einzige Augenzeuge der Tat.(...)" weiter über den Fall und Film lesen

Zuviel Sex

Interessantes von Richard David Precht:

Zuviel Sex und Rock'n Roll

"Der Bestsellerphilosoph Richard David Precht ein Buch über die Liebe geschrieben. Ein Gespräch über Romantik, Erotik und die Ansprüche an die Liebe

(...)

ZEIT ONLINE: Was erwarten Menschen Ihrer Ansicht nach heute von einer Liebesbeziehung?

Precht: Wir versuchen, mit dem Konzept der romantischen Liebe alles unter einen Hut zu bringen: Prickelnde Leidenschaft auf der einen und vertrauliche Geborgenheit auf der anderen Seite. Und das am besten auf Dauer. Das ist eine Quadratur des Kreises, eine Fiktion, die nur in den seltensten Fällen real wird.

ZEIT ONLINE: ...ein Dilemma, über das man aufklären sollte?

Precht: Ich will den Menschen nicht die romantische Liebe austreiben. Es ist ja unglaublich schön, sich dem hinzugeben. Wir leben, was die Liebe betrifft, in einer optimalen Zeit mit optimalen Möglichkeiten. Aber parallel dazu sind die Ansprüche an sich selbst und den geliebten Partner enorm gestiegen.

ZEIT ONLINE: Inwiefern?

Precht: Um Leidenschaft aufrecht zu halten, muss man etwas tun: für Kicks und Aufregung sorgen. Außerdem braucht man Geld. Aber das stärkste Selektionskriterium überhaupt ist heute das Aussehen – die Frage: "Bin ich schön?". Das hat das Kriterium der Gesundheit abgelöst. Man muss sich heute möglichst attraktiv halten. Auch sind die Ansprüche an Erotik maßlos hoch: Wir sind absolut "oversexed".

ZEIT ONLINE: Was heißt das?

Precht: Die Zeit der Provokationen ist vorbei. Was Uschi Obermaier einst postulierte, nämlich eine Gesellschaft mit Sex und Rock’n‘Roll, haben wir heute im Übermaß. Die Folge ist Verwirrungsunlust.

(...)

ZEIT ONLINE: Bleibt die Sehnsucht nach ewiger Liebe trotzdem?

Precht: Die Sehnsucht besteht. Auch schon bei jungen Menschen, die heute viel mehr über Liebe und Liebesbeziehungen wissen als früher. Auch das Bedürfnis nach Treue ist da: Je seltener sie wird, als desto kostbarer wird sie betrachtet.(...)" weiter lesen


Zum Schluß noch ein ungewöhnliches Fotoprojekt: "Die Eltern meiner Exfreunde"

"Die Fotografin Tine Casper hat ihre ehemals potentiellen Schwiegereltern besucht und sich mit ihnen fotografiert

"Heute, wo kaum mehr jemand seine Jugendliebe heiratet, hat man eher Lebensabschnitts-Schwiegereltern", sagt Tine Casper. Sie begab sich auf Spurensuche und hat die Eltern ihrer Ex-Freunde besucht. "Für mich standen dabei allerdings weniger die Exfreunde im Vordergrund als das Phänomen, dass mit der Trennung von einem Partner auch andere Beziehungen beendet werden – insbesondere die Beziehung zu den Schwiegereltern."" Fotos ansehen

Was bedeutet...

... Melancholie?

"In seinem Aufsatz Trauer und Melancholie von 1917 grenzt Sigmund Freud die Melancholie von der Trauer ab: Sie sei dadurch gekennzeichnet, dass die Herabsetzung des Selbstgefühls nicht durch die positive Trauerarbeit behoben wird. Die Melancholie ist seelisch ausgezeichnet durch eine tief schmerzliche Verstimmung, eine Aufhebung des Interesses für die Außenwelt, durch den Verlust der Liebesfähigkeit, durch die Hemmung jeder Leistung und die Herabsetzung des Selbstgefühls, die sich in Selbstvorwürfen und Selbstbeschimpfungen äußert und bis zur wahnhaften Erwartung der Strafe steigert. Diese selbstzerstörerischen Aspekte sieht Freud als Ursache für die Suizidgefährdung der Melancholiker.

In der modernen Psychologie ist der Begriff der Melancholie fast völlig durch den Begriff Depression ersetzt worden." wikipedia


Bedrich Smetana "String Quartet No.1 in e moll"
(Video-Teil 1)

[Fortsetzung: Video 2, 3, 4]

John Keats (1795-1821)

Ode auf die Melancholie

I

Nein, nein, geh nicht zur Lethe, preß dir nicht
Vom Eisenhut, zähwurzlig, Gift ins Glas -
Wenn Nachtschatten dein bläßliches Gesicht
Auch küßt, die Purpurfrucht Proserpinas;
Flicht keine Eibenbeern zum Rosenkranz,
Auch Totenuhr und Totenkopf laß sein
Als Klagepsyche, und als Freund im Leid
Trau der zerzausten Eule niemals ganz:
Der Schattenzug stellt sich zu schleppend ein
Und schluckt der Seele wache Ängstlichkeit.

II

Doch wenn Melancholie vom Himmel fährt
Wie eine Wolke plötzlich tränen will,
Die alle schlaffen Blütenkelche nährt
Und Hügel hüllt ins Grabtuch des April -
Dann schöpf von Morgenrosen neuen Mut,
Von Regenbogen, Dünen, Salz und Sand
Und reichem, kugligem Päonienflor;
Und zeigt die Herrin köstlich ihre Wut,
Laß sie nur rasen, fang die zarte Hand
Und dring tief, tief in diese Augen vor.

III

Sie lebt mit Schönheit - Schönheit, die bald stirbt;
Mit Freude, deren Kußhand ewig winkt
Und sagt Adieu - und Wonnen nah verdirbt,
Schon Gift wird, da der Bienenmund noch trinkt.
Ja, selbst im Tempel höchsten Glücks versteckt
Melancholie noch ihren Hochaltar,
Nimmt, wessen Zunge des Glücks Traube sprengt
Am feinen Gaumen, ihn auch einzig wahr;
Sein Geist wird, ihre Trauermacht geschmeckt,
Zu ihren düsteren Trophäen gehängt.

5. April 2009

"Bis später, Max!" und Isaac B. Singer

Ab dem 09. April 2009 gibt es Isaac Bashevic Singers Kurzgeschichten in bewegten Bildern in den Kinos anzuschauen.

"Bis später, Max! - Die Liebe kommt, die Liebe geht" (Ein Film von Jan Schütte; mit: Otto Tausig, Rhea Perlman, Barbara Hershey, Tovah Feldshuh u.a.)

Film-Trailer


"Er ist agil, er ist voll sprühender Phantasie und er hat einen enormen Schlag bei den Frauen. Seine Aktentasche lässt der nicht mehr ganz junge jüdische Schriftsteller Max Kohn gerne mal liegen; einen intensiven Blick auf attraktive Frauen zu werfen, vergisst er jedoch nie. Gelegenheit für amouröse Abenteuer bieten dem talentierten Charmeur die Lesereisen.

Zu dumm, dass seine daheim gebliebene Freundin Reisel mit ihren Kontrollanrufen immer genau in den prickelndsten Momenten... dazwischenfunkt. Der Charme des alten Bohemiens öffnet Max mit routinierter Leichtigkeit tiefe Einblicke in weibliche Sehnsucht, Midlife Crisis und Wollust. Dabei verschwimmen zunehmend die Grenzen zwischen Max realen Abenteuern und der Einbildungskraft seiner Phantasie, zwischen Witz und Melancholie.

In seinem literarischen Roadmovie BIS SPÄTER, MAX! erzählt Regisseur Jan Schütte ("Abschied", "SuperTex - Eine Stunde im Paradies") eine Geschichte über das abenteuerliche Liebesleben eines im besten Sinne nicht mehr ganz jungen Schriftstellers und Bohemiens, dessen feste Überzeugung es ist, nur der unschuldige Spielball seiner zahlreichen Frauen zu sein. Nach der Vorlage der drei Kurzgeschichten "Briefcase", "Alone" und "Old Love" des Literaturnobelpreisträgers Isaac B. Singer verknüpft der Film die Themen des Älterwerdens und der dabei nicht endenden Lebenslust und Freude an Liebe und Sex mit der Faszination der literarischen Einbildungskraft. Dabei entsteht ganz nebenbei ein lebendiges Porträt des heutigen Amerika und seiner spannenden Nebenschauplätze - mit Witz, Melancholie, Abenteuer, Traum und Imagination." Quelle
Paar witzige Filmausschnitte aus einer Dokumentation mit dem bereits gealterten Isaac B. Singer, einschließlich der Verleihung des Literatur-Nobelpreises 1978 an ihn.

Who knows?




"(...) Singer war 1904 in Leonice geboren worden, das damals zum russischen Zarenreich gehörte. „Ich bin in drei toten Sprachen großgezogen worden: Hebräisch, Aramäisch und Jiddisch.“ schrieb er später. Sein Vater war ein orthodoxer Rabbi der sich weigerte, Russisch zu lernen und kaum fähig war, seine Familie zu ernähren.

Auch der Großvater war ein Rabbi, im Gegensatz zum Vater aber eine einflussreiche und imposante Figur. Die Besuche bei den Großeltern hatten einen tiefen Einfluss auf Singer. Hier, nahe der Grenze zu Österreich, in Galizien, lernte er das Leben der armen, gläubigen, galizischen Juden kennen, die sich Polen verbunden fühlten, Sehnsucht nach Wien hatten und in Scharen nach Amerika auswanderten.

Den größten Teil seiner Jugend verbrachte Singer in Warschau. Seine Jugend war von Paradoxen geprägt. Die Chassiden, unter denen er aufwuchs, waren ultraorthodox und gleichzeitig eine relativ moderne Bewegung, die noch keine hundertfünfzig Jahre alt war. Singer fühlte sich als Pole, obwohl es den Staat bei seiner Geburt gar nicht mehr gab, die benachbarten Großmächte hatten Polen unter sich aufgeteilt. Sein Vater war ein strenger Rabbi, doch von seinem älteren Bruder Israel Joshua lernte Isaak so verbotene Fächer wie Astronomie und die Geschichte der Evolution kennen.(...)" weiter lesen
  1. Webseite des Films: http://www.bisspaetermax.3rosen.com
  2. wikipedia: Isaac B. Singer
  3. tachles: Der letzte grosse jiddische Autor
  4. hagalil: Zum 100. Geburtstag: Isaac Bashevic Singer
  5. The Library of Amerika: 100 Jahre Singer

Telefon Tel Aviv

Telefon Tel Aviv "You Are the Worst Thing in the World"