26. Januar 2013

Rote Kälte

* * *
Ich trage den Winter, der Winter trägt mich.
Er peitscht meine Seele und sie trägt sein Kind.
Die Sehnsüchte wachsen in einem Karton -
Sie welken, kein Frühling, sie leben nicht fort.
26. Januar 2013



Kälte
Ein trauriges Herz hat keine Wünsche,
Ein schweres Lasten ist nie ausgeweint.
Man tut nur so, als ob erfüllt vor Freude
Das Leben einem würdevoll erscheint.

Ich gehe heim oder auch auswärts
Und fühle mich oft obdachlos.
Bloß Sterne sind vom Glück besiedelt,
Sie glühen rote Kälte wunderlos.

Ob in den großen oder kleinen Träumen,
Entmutigt, still und hoffnungslos.
Wer bist du  - du derjenige, an den nicht glaube.
Das Unglück, das ich atme, hauche - 
Wofür? Was habe ich getan? Wieso?
26. Januar 2013


Ich bin berührt von einem Artikel in "Die Zeit" aus dem Jahre 1962, den ich heute zum Frühstück las. Henry Miller, ja, derjenige Zyniker und der provokante Schriftsteller, der weltbekannte, schrieb darin unglaublich ehrlich mit über 70 über die Liebe, über seine ersten Gefühle, den Altersunterschied, Beziehungen und das Unglück..: lesen.

Seit ich Jugendliche bin, komme ich an Remarque nicht vorbei. Ein einziger Satz, vor Jahren fing damit dieses Blog an :
„… ich liebte sie, und wenn ich ihr sagte: Komm, so kam sie, nichts stand zwischen uns, wir konnten uns so nahe sein, wie es Menschen nur können – aber dennoch war alles manchmal auf eine rätselhafte weise verschattet und qualvoll, ich konnte sie nicht lösen aus dem Ring der Dinge, nicht herausreißen aus dem Kreise des Daseins, der über uns und in uns war und uns seine Gesetze aufzwang, den Atem und das Vergehen, den fragwürdigen Glanz der immerfort ins nichts abstürzenden Gegenwart, die schimmernde Illusion des Gefühls, dass im Besitzen schon wieder Verlieren war…“
(Erich Maria Remarque, „Drei Kameraden“, 1936)

21. Januar 2013

Farbe blau

Eine Frau, verschenkt in die blauen Träume.
Der graue Himmel, der lichtgraue Schnee, zu viel des Untröstlichen und kein Ende vom Regen, der die Löcher in das Schneemeer bohrt. Die Schneeperlen auf ihren Haaren werden bald zu Diamanten, verloren von einer Halskette der Nacht. Träumt sie vom Frühling, denkt sie an seine Augen, die zu den nie welkenden Feldblumen werden. Denkt sie an seine Arme, die ihr Herz hören würden, wenn sie sie fest umgarnen, wie Zweige eines Baumes den anderen Baum umarmen. Das laute, unruhige Herz. Das Entzünden des Gasherdes lässt blaue Flammen aus ihren Löchern auf einmal vorkriechen, täuscht aber blaue Wärme bloß vor. Die in der Waschmaschine gewaschenen Jeans haben sich auf der zarten cremefarbenden  Bluse verewigt. Meereswellen. Sie zieht sie an.

Drei Farben: Blau (Regie: Krzysztof Kieslowski)


Ulla Hahn

Frau in Blau

Fernes Beben der Erde der Hand der ganze
Körper bebt in feinen Pinselstrichen
Beben gebahnt durch Sehnen
und Muskeln Gewebe
Samtmieder Halsband Spitzenhäubchen
schwer wie der Weg
den sich das Wasser aus den Steinsgeschichten
bahnt ins Blau aus reinem weißen
Schweigen leinenblassem Schweigen
in blaue Erscheinung blaue Fluchten
aus Kindertagen ins dreißigste Jahr
innerlich von Weinen geschüttelt müde
von so viel Form und Befreiung
Er sieht sie an und ihre blauen Lippen bringen ihn zum Lachen. Sie sieht wie jemand aus, der reife, trunkene Kirschen gerade gestohlen hätte. Vom Wein gefärbt sind sie in Wirklichkeit. Er verlor sich in Überlegungen, ob wenn er ihre Lippen berühren würde, sie sich ebenfalls abfärben würden. Er stand da und merkte nichts von seiner eigenen Bläue.

YSL "Opium" zur Musik von Mozart



Ein wenig Simone de Beauvoir "Das andere Geschlecht" am Abend:
"... Durch sie, durch das Beste und Schlechteste in ihr, macht der Mann die Erfahrung, von Glück, Leiden, Laster, Tugend, Lüsternheit, Verzicht, Aufopferung, Tyrannei und lernt sich selbst kennen. Sie ist Spiel und Abenteuer, aber auch Prüfung. Sie ist das triumphierende Gefühl des Sieges, aber auch das eher bittere Gefühl der gemeisterten Niederlage. Sie ist der Sog des Untergangs, die Faszination der Verdammnis und des Todes. Es gibt eine ganze Welt von Bedeutungen, die nur durch die Frau existieren. Sie ist die Substanz der Handlungen und Gefühle des Mannes, die Verkörperung aller Werte, die seine Freiheit beanspruchen. So wird verständlich, weshalb der Mann, selbst wenn er zu den grausamsten Enttäuschungen verurteilt wäre, nicht auf einen Traum verzichen möchte, der alle seine Träume umschließt...."