31. Januar 2014

Von russischen Seelen und Co.

So schön ist das Radiohead-Album "In Rainbows" - das ganze Konzert. (Hier ist es auf amazon zu kaufen)


Mit einem ungewöhnlich schönen Artikelnamen lockte mich ein fremdes Blog zu sich und es hat sich mehr als gelohnt. Ich möchte es weiterempfehlen. Der Artikel heißt "Die russische Seele ist verliebt." und rezensiert das Buch von Wsewolod Petrow "Die Manon Lescaut von Turdej", übersetzt ins Deutsche von Daniel Jurjew (dem Sohn der Ingeborg-Bachmann-Preisträgerin Olga Martynova und dem Schriftsteller Oleg Jurjew). Es geht natürlich um große Gefühle, doch sie sind anders. Es ist der zweite Weltkrieg, der grauenhafte Tod beherrscht das Leben, und mittendrin eine besondere Liebe. Geschrieben wurde diese Geschichte bereits 1946, doch eine Veröffentlichung während der Sowjetära war ausgeschlossen. Erst 2006 erschien sie in Russland in einer Literaturzeitschrift, 2012 in Deutschland. 

Der Erzähler ist verliebt:
„Sie war in mir wie die Kugel in einer Wunde. Ich konnte nicht aufhören, sie zu fühlen. Ich war bei ihr irgendwie anders eifersüchtig, als ich es bei einer anderen gewesen wäre. Egal, was sie tat, alles an ihr schien mir hinreißend.“ weiter lesen
Der Spiegel schrieb auch darüber in "Sowjet-Liebesgeschichte: Schmetterling und Kalaschnikow".

18. Januar 2014

Verstörte Küsse


John William Waterhouse, Lamia (second version) (1909), via Wikimedia Commons


Nacktfuß

Du wanderst nacktfuß durch den Winter

Auf einem Teppich aus dem Osten,
Durch Ornamente plätschert Wärme
Und dringt mit Schweiß in unsre Körper.
Wenn du mich wälzt durch alle Flüsse
In einem Bett aus Sand und Flößen,
Beiße mich fest in deine Hände,
In deinen Balg über dem Herzen,
Um Stille einer Nacht zu schützen.
Wir sind verletzlich ineinander,
In einem Mond, verstört mit Küssen.

16.-17. Januar 2014




Küsse

Das ganze Leben schmeckt  nach süßen Smarties,
Geklebt auf Spiegel und auf seine Brillen.
Ich koste Grüne an den Türen eines Zuges,
Im Dunkeln glimmen gelbe runde Augen der Katzen.
Manch rote Punkte bleiben in der Tüte für die Briefe -
Gequetscht am Boden einer Hängetasche,
Zerbrösele ich sie mit meinen Lippen
Und reibe auf den Umschlag anstatt Marken.

16.-17. Januar 2014


Davor: Sieben Minuten lang

    16. Januar 2014

    Sieben Minuten lang

    Der erste Blick


    Entrückt

    Das Kino hat uns in der Dunkelheit umarmt,
    Dicht deine Hand auf meine Haut pressend.
    Wie blau färbt sich eine Sehnsucht ein.
    Mein lautes vor Dummheit Herz
    Hab' ich zur Stille überredet.

    Blass tanzten
    Tränen auf den Wangen - nur im Film.
    Ich war ein Teil von ihm, du auch, wir beide sehend.
    Du hast Gewässer salzig abgeleckt.
    Sind wir vor Farbenfroheit um uns her nicht blind,
    Gar nicht zu taub vor schrillem Schweigen glänzend?

    Sie liebten sich vor uns, ich sah dich von der Seite an,
    Wie schön du warst, entrückt in der Erregung eines Blaus.
    Ich wollte dich da küssen, gar nicht sittlich.
    Sie liebten sich sieben Minuten lang,
    Und
    ich dich während dessen.

    Weißt du nicht mehr, wo meine Lippen waren?
    Sie haben dich ertastet, dich berührt, ermannt.
    Ganz neben mir warst du in mich versunken,
    Das erste Mal wir beide, wir allein.
    Benommen glitt ich zu dem Boden ab.

    Das Licht im Saal war eingeschaltet.


    15. Januar 2014



    Dann wurde es plötzlich warm, es wurde blau. Seit einer Woche lebt sie in einem erregten Zustand, der nicht freilässt, nicht mal um zu essen, nachzudenken, vorwärts zu kriechen. 

    Barszene


    Er trug einen blauen Pulli und sie ein Schleifchen paar Töne heller, abgerissen von ihrer Unterwäsche und versteckt in ihrer hinteren Hosentasche, so eng an ihrem Körper, dass sie fühlen konnte, wie es den Jeansstoff durchbrennt. So einen Film erlebte sie noch nie. Sie sah sich selbst in den Großaufnahmen der Augen, der Lippen, ihres Schrittes und dessen, was in der Brust war. Die Gefühle ergossen sich bis in die hinteren Plätze, wo sie saßen, hinter ihnen ein lesbisches Paar; sie weinte zusammen mit Adele und wollte nicht, dass er sie so sieht, es floss aus ihr ungefragt heraus, sie verdrängte ihren Atem. Es war sie, da auf der Leinwand, verkörpert in ein junges Mädchen, in die Nacktheit jedes Geräusches im Raum, auf der Suche nach sich selbst. Wie schön und zugleich schmerzhaft diese Suche ist. Es wurden keine Genitalien seziert, auch nicht die Gefühle. Sie wurden gelebt, gelitten, gefühlt, gezeigt in einer Explosion, die einen überrollt und keinen Platz im Gehirn lässt, um über die Folgen nachzudenken. So entsteht ein Mensch, eine Frau, so stöhnt sie, wenn sie liebt. Erkannt hat sie sich mal in einer, mal in der anderen Frau. Weibliche Sexualität im Großformat und eine Liebe, die zur bitteren Enttäuschung oder eine unerwartete Erlösung werden kann. Die Suche nach Liebe ist auch die Suche nach sich selbst. Was ist Kunst, wer ist deine Muse. Die schönsten und längsten Szenen, seit es Kino gibt, nein, es war kein leerer Porno, es war wirklich schöner, unverblümter Sex in Lebensgröße. Er fühlte sich gut an, sie fühlte sich wieder als Frau, aufgeweckt dank dem Film, dank ihm drei Stunden in der Dunkelheit an ihrer Seite. Wenn sie ihn ansah, blickte er nach vorne, um sie anzuschauen, wenn sie ihren Kopf wieder zur anderen Seite drehte. Bis sie sich trafen.

    Jetzt wusste sie, warum sie ihre Gedichte im Blog immer in blauer Farbe stehen liess...

    Mehr Musik zum süchtigen Sein...:

    1. Mr. Gnome "The Way" 
    3. Slowdive "Crazy for you"
    4. Toco "Samba Noir"
    5. Saint privat "Un, Deux, Trois"

    PS: blauisteinewarmefarbe